Donnerstag, 23. Januar 2025

„Wohin Europa?“ – Sicherheit, Bundeswehr und transatlantische Zusammenarbeit im Fokus

Viele Gäste waren der Veranstaltung gefolgt. Darunter v. l. n. r. Oberstleutnant Stefan Zadlo, Oberst a. D. Jochen Schneider, General a. D. Erhard Bühler, stv. Ortsvorsitzender Peter Pirzer, Ortsvorsitzender Tobias Ehrenfried, 3. Bürgermeister Günter Gilch, Oberstleutnant Ralf Georgi. Fotos: CSU Oberviechtach

„Wir müssen nicht verzweifeln, denn wir haben alle Handlungsoptionen!“

Die aktuelle Sicherheitslage in Europa sowie die Herausforderungen der Bundeswehr waren Thema beim Vortragsabend des CSU-Ortsverbandes im AWO-Mehrgenerationenhaus. Mit dem ehemaligen NATO-General Erhard Bühler konnte hierzu ein hochrangiger Referent gewonnen werden, dem die Region Oberviechtach bereits aus seiner Zeit als Brigadekommandeur bestens bekannt ist. So war es auch kein Wunder, dass sich zahlreiche Besucher und gemeinsame Weggefährten einfanden um den Ausführungen des hochrangigen Offiziers zu folgen.

CSU-Ortsvorsitzender Tobias Ehrenfried outete sich bei seiner Begrüßung als regelmäßiger Hörer und Fan des MDR-Podcasts „Was tun, Herr General?“, in dem Erhard Bühler regelmäßig die Lage in der Ukraine analysiert. Seinem Stellvertreter Oberst a. D. Jochen Schneider ist es gelungen, den Kontakt zum Referenten herzustellen und diesen Abend zu ermöglichen. Neben den Krieger- und Reservistenkameradschaften konnte Tobias Ehrenfried den Oberviechtacher Kommandeur des Panzergrenadierbataillons 122 Ralf Georgi sowie dem Kommandeur des Artilleriebataillons 131 aus Weiden Stefan Zadlo begrüßen, die sich mit einer Abordnung beteiligten. Auch Generalmajor a. D. Norbert Wagner befand sich unter den Zuhörern. Wie Ehrenfried betonte, sei die Stärkung der Bundeswehr und Integration der Soldaten eine Aufgabe für alle politischen Vertreter in der gesamten Region. „Wenn es um unsere Bundeswehr geht, stehen wir als Grenzlandregion parteiübergreifend für unsere Soldaten ein!“, betonte Ehrenfried. So war es erfreulich, dass die stellvertretende Landrätin Birgit Höcherl (CSU), 3. Bürgermeister Günter Gilch (CWG) sowie mehrere Bürgermeister aus dem Altlandkreis der Einladung folgten um somit auch die Unterstützung der Kommunalpolitik zum Ausdruck brachten.

Die direkt gewählte Bundestagsabgeordnete Martina Englhardt-Kopf (CSU) dankte in ihrem digitalen Grußwort dem CSU-Ortsverband für den Einsatz um den Bundeswehrstandort. Sie bekräftigte, weiterhin in Berlin für eine gute Ausstattung der Bundeswehr einzutreten. Gerade die hybride Kriegsführung Russlands gegen den Westen stelle die Bundespolitik vor weitere Herausforderungen. Sie versprach, die geplante dauerhafte Stationierung der Oberviechtacher Panzergrenadiere nach Litauen und den Wechsel der Weidener Artilleristen in die Eisenbarth-Stadt konstruktiv auf politischer Ebene zu begleiten.

Geduldig beantwortete Erhard Bühler alle Fragen aus dem Plenum. 

Stellvertretender CSU-Ortsvorsitzender Jochen Schneider ging auf den Werdegang und die berufliche Karriere von Erhard Bühler ein. Mit Bühler verbinde ihn eine langjährige Bekanntschaft, war er doch selbst Kommandeur in Oberviechtach, während Erhard Bühler in dieser Zeit die Brigade in Amberg führte. Höhepunkt von Bühlers Karriere war die Ernennung zum Vier-Sterne-General und Kommandeur des Allied Joint Forces Command der Nato in Brunssum, was er bis zur Pensionierung ausübte. Noch heute befinde sich der 68-Jährige im „Unruhestand“. So ist er als Ausbilder der Generalstabsausbildung in Deutschland, den baltischen Staaten, Finnland, Polen und der Ukraine tätig. Wie Schneider ausführte sei Bühler „einer von uns“ und Inhaber des Ehrentellers der Stadt Oberviechtach.

Erhard Bühler spannte in seinem Impulsvortrag den Bogen von der europäischen Sicherheitslage zu den konkreten Auswirkungen auf Deutschland und die Bundeswehr. Der Angriff Russlands auf die Ukraine bedrohe die Sicherheitsarchitektur. Wenn der Ukraine jetzt nicht geholfen würde und diese den Kampf verliere, käme es der EU in Zukunft mehrfach teuer zu stehen. Leider wurden in den vergangenen Jahren nicht alle Chancen genutzt, der Ukraine konsequent beizustehen. Angesichts des aktuellen Stellungskrieges sei es notwendig, Beschränkungen für westliche Waffen aufzuheben, um Versorgungslinien und militärische Infrastruktur im Hinterland der Front abzuschneiden. Laut Expertenmeinungen sei Russland militärisch in der Lage in nur wenigen Jahren NATO-Territorium anzugreifen. Eine gute Ausstattung der Streitkräfte sei in der Gesellschaft konsensfähig und umsetzbar. Bühler sprach sich dafür aus, den Militärhaushalt deutlich zu steigern. Eine funktionstüchtige Landesverteidigung könne nicht nach Kassenlage oder aktuellen Bedrohungen stattfinden sondern müsse immer gewährleistet sein. Ebenso verhielte es sich mit dem Katastrophenschutz. Leider sei die Bilanz der vom Bundeskanzler ausgerufenen „Zeitenwende“ ernüchternd. Forderungen nach einer europäischen Verteidigungsarmee erteilte er zum jetzigen Zeitpunkt eine Absage. Eine erfolgreiche Etablierung dieser würde zu lange dauern, um der aktuellen Bedrohungssituation gerecht zu werden. Bühler sprach sich für die transatlantische Kooperation aus und zog in Zweifel, ob der designierte amerikanische Präsident tatsächlich alles umsetzen würde, was er vor der Wahl angekündigt hatte.

General Bühler machte den Teilnehmern Mut: „Wir müssen nicht verzweifeln,
denn wir haben alle Handlungsmöglichkeiten!“

Detailgenau und mit großer Fachkenntnis beantwortete der General viele Fragen aus dem Besucherkreis. So räumte er mit dem Vorurteil auf, dass ein Taurus-Marschflugkörper bis nach Moskau fliegen könne. Auf die Frage, ob sich der Westen angesichts der Großmächte wie Indien oder China behaupten könne, bat er darum, die Bedeutung der NATO angesichts 1 Milliarde Menschen im Gebiet nicht zu unterschätzen. Einer Aufrüstung mit Atomwaffen in Deutschland erteilte er aufgrund von Staatsverträgen und dem transatlantischen atomaren Abwehrschirmes eine Absage. Bühler ermunterte die Besucher angesichts der Situation nicht zu resignieren.  „Wir müssen nicht verzweifeln, denn wir haben alle Handlungsmöglichkeiten!“, stellte er unter großem Beifall fest.

Stellvertretender Ortsvorsitzender Peter Pirzer dankte Bühler mit einem bayerischen Präsent und leitete zum geselligen Teil des Abends über. Vielen war die Freude anzusehen, den Gast aus Berlin nach Jahren wieder zu treffen. So klang der Abend in einem regen Austausch aus.

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