Freitag, 24. Oktober 2025

Szenische Wanderung auf der Bügellohe

Die Geschichte eines verschwundenen Dorfes

Im Grenzgebiet zu Tschechien hatten sich die Flüchtlinge nieder gelassen. Fotos: Hans-Peter Weiß


Schönsee – Stadlern. Einst lebten hier auf der höchsten Erhebung des Landkreises Schwandorf elf Familien. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die rund 75 Personen von den tschechischen Behörden aus ihren Dörfern Wenzelsdorf, Plöß und dem Weiler Rappauf vertrieben worden. Hier auf der Bügellohe hatten sie im Grenzbereich eine Behelfssiedlung aufgebaut. Unter äußerst harten Lebensbedingungen, kein Strom, kein Wasser, keine Straßen, lebten die Aussiedler bis 1969. Dann verfiel der Ort, nebst Schule und Wirtshaus mit Kegelbahn und wurde zum Lost Place.

Hier in der Bügellohe wurde kürzlich eine größere Gruppe des Vereins zum Schutz wertvoller Landschaftsbestandteile in der Oberpfalz (VSL) von Maria Hammerer erwartet. „Wir sind hier an einem besonderen Ort, der unteilbar mit der Geschichte von Schönsee zusammenhängt“, betonte die Laienschauspielerin Hammerer zu Beginn der szenischen Aufführung beim „Fleischhackerhaus“, dem einzig verbliebenen Gebäude. Als Mitglied des Paschervereins Schönseer Land erzählte sie den VSL-Mitgliedern eindrucksvoll die Geschichte der verlassenen Siedlung und seinen Bewohnern. Ihre Erzählungen beruhen auf Aussagen der 2011 verstorbenen Maria Wachter, geborene Lang. Die 1920 in Wenzelsdorf geborene Sudetendeutsche lebte einst in der Siedlung.

Im Sommer 1946 musste Maria Wachter ihre angestammte Heimat im Sudetenland verlassen. Lediglich 30 Kilo an Habseligkeiten durften die Flüchtlinge mitnehmen. In der nahe, auf bayerischer Seite, gelegenen Bügellohe, wollte man eine Rückkehr abwarten. „Die Deutsch-Böhmen richteten sich trotz harter Bedingungen ein so gut es ging“, erklärte Hammerer. Nachdem Wenzelsdorf niedergebrannt und viele andere Ortschaften dem Boden gleich gemacht wurden, schwand die Hoffnung auf eine Rückkehr. 1969 verließ der letzte Bewohner die Bügellohe, berichtete die Laienschauspielerin und gab der Besuchergruppe das Vermächtnis von Maria Wachter mit auf den Weg: „Deutsche und Tschechen sind durch die Geschichte miteinander verbunden. Versöhnt euch mit eurer Geschichte“.

Ganz in der Nähe auf einer größeren schachtenähnlichen Fläche markiert ein Schild die ziemlich verlandete Weißbachquelle, wo die Bügelloher früher ihr Wasser holten. Hier hatten die VSL-Mitglieder mit ihrer Vorsitzenden Cäcilia Kastl-Meier verschiedene Grundstücke begutachtet, die der Verein zum Schutz wertvoller Landschaftsbestandteile aufgekauft hat. Der 1977 gegründete VSL widmet sich der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen sowie dem Arten- und Biotopschutz. Dazu zählen auch größere Flächen im Kulzer und Prackendorfer Moos.

Nur ein Fußweg, die Sautreibergasse, begrenzt durch Grenzsteine und Weiß-Blaue Grenzpfähle, war die einzige Verbindung nach Schönsee und nach Stadlern. Der Grenzverlauf geht zurück auf die Zeit von Maria-Theresia, Königin von Ungarn und Böhmen, erläuterte Vize-Vorsitzender Konrad Bierlmeier. Auf diesem Hohlweg, auf dem einst auch die Pascher unterwegs waren, ging es für die Grenzgänger schließlich zurück über Friedrichshäng nach Plöß, einem weiteren untergegangenem Dorf an der tschechischen Grenze.

Laienschauspielerin Maria Hammerer sagte: „Dieser Ort kann eine Stätte der Trauer, der Verbitterung aber auch der Versöhnung sein“.
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