Die Bilder von ganzen Teppichen aus Plastikmüll im Ozean und auf Flüssen sind bekannt und geben Anlass zur höchsten Sorge. Von knapp 30 Millionen Tonnen Verpackungsabfällen aus Kunststoff in Europa im vergangenen Jahr sind nur gut zehn Millionen tatsächlich dem Recycling zugeführt worden. Wiederum nur die Hälfte davon findet ihren Weg nach Aufbereitungsprozessen zurück in die Supermärkte. In Neunburg vorm Wald hat nun die Firma Lober Abfallentsorgung einen neuen Weg beschritten, und der verspricht zu einem weltweit bedeutsamen game changer in dieser Thematik zu werden.
Bisher war das Recycling von Kunststoffen ein mechanischer Prozess, bei dem das Plastik im Prinzip sortiert, gewaschen und schließlich geschreddert wird. Das neue Verfahren nennt sich dissolution recycling, also Wiederverwertung durch geeignete Lösemittel. Dazu muss man wissen, dass heutige Verpackungsfolien, speziell von Lebensmitteln, High-Tech-Produkte sind, die aus bis zu zwölf Schichten bestehen. Hier greift nun das bei Lober angewandte und bis zur industriellen Nutzbarkeit durchdachte CreaSolv-Verfahren. Ähnlich wie Salz sich in Wasser auflöst, können Kunststoffe durch geeignete CreaSolv-Lösemittel gezielt aus den Mehrschicht-Verpackungsfolien herausgelöst werden. Wenn das passiert ist, kann diese Kunststoff-Lösung relativ einfach von Verschmutzungen, Lebensmittelresten oder Etiketten gereinigt werden. Dann erfolgt – ebenfalls wie zum Beispiel bei der Meersalz-Gewinnung – die Trennung des Lösemittels von den separierten Kunststoff-Rückständen. Dies entspricht beim Meersalz dem Verdampfen von Wasser, nur dass hier das Lösungsmittel wieder in einem geschlossenen Kreislauf aufgefangen wird und somit weder die Umwelt belastet noch verlorengeht. Was übrig bleibt, ist das hochreine recycelte Kunststoff-Granulat, welches laut Aussage des Leiters Kunststoff-Recycling bei Lober, Matthias Wilhelm, „über fast 100 Prozent der Eigenschaften von Neuware“ aufweist – ein Meilenstein in der Rückgewinnung und Abfallvermeidung bei Kunststoffen. Laut Wilhelm können so etwa 80 Prozent des bislang nicht recyclebaren Verpackungsabfalls in hochreiner Form wiedergewonnen werden. Wegen seiner hervorragenden Eigenschaften kann das Rezyklat in neuen Verpackungen mit einem Anteil von mehr als 50 Prozent eingesetzt werden. Der Energieaufwand beim CreaSolv-Verfahren liegt gegenüber der Herstellung von Neuware 40 bis 60 Prozent darunter.
Im Rahmen des r+Impuls-Forschungsprojektes „Circular Packaging“ wurde unter Projektleitung der Firma Lober von Partnern aus Forschung und industriellem Anlagenbau die technische Realisierbarkeit des Verfahrens in industrieller Größenordnung unter Beweis gestellt. Nun soll das Anwendbarkeitslevel in ein Investment von Lober und den Partnern münden, welches eine vollwertige Prototypenanlage vorsieht, mit welcher ein nachhaltig wirtschaftlicher Betrieb realisiert werden kann.
Firmeninhaber Johannes Lober war sich hierbei im Gespräch mit den anwesenden Abgeordneten Martina Englhardt-Kopf, MdB, und Alexander Flierl, MdL, über die Notwendigkeit eines verlässlichen Energieangebots und einer nachhaltig kalkulierbaren Bepreisung von Strom und Energie einig. Bei den kommunalen Entscheidungsträgern wie Landrat Thomas Ebeling, Bürgermeister Martin Birner sowie den Stadträten hob Lober die gute Zusammenarbeit hervor und stellte in Aussicht, dass das CreaSolv-Verfahren auch für weitere Abfallsorten in Frage kommt, deren Wiederverwertung nach heutigem Technikstand nicht möglich ist. Dazu könnten Gewerbeabfall, Mehrschicht-Getränkekartons, Papier-Kunststoff-Gemische oder Kleidungsabfälle aus synthetischen Geweben gehören.
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