„Sturzbach 2023“ – Hinter diesem Namen verbarg sich am vergangenen Wochenende eine großangelegte Übung der Brand- und Katastrophenschutzbehörde am Landratsamt Schwandorf. In enger Zusammenarbeit mit der Kreisbrandinspektion und der Johanniter Unfallhilfe e. V. wurde die Übung stabsmäßig geplant und durchgeführt. Hauptaufgabe war es dabei, das Hilfeleistungskontingent „Hochwasser/Pumpen“ in angemessener Zeit abmarschbereit aufzustellen. Ein vorgegebener Katastrophen-Sonderalarmplan regelt neben den Grundlagen die weiteren Details wie z. B. Alarmierungswege sowie feuerwehrtechnische und personelle Ausstattung. Die Aufgabe wurde von den für diese Anforderung eingeteilten Feuerwehren aus dem gesamten Landkreis erfolgreich gemeistert.
Die Übung „Sturzbach 2023“: Bis die fiktive Alarmierung nach Eingang des Hilfeleistungsersuchens aus dem Landkreis Neustadt an der Waldnaab am vergangenen Mittwoch um 16.00 Uhr erfolgen konnte, waren im Vorfeld von den Verantwortlichen der Katastrophenschutzbehörde am Landratsamt und der Kreisbrandinspektion umfangreiche Vorplanungen zu erledigen. Im Einzelnen waren Kreisbrandrat Christian Demleitner sowie Kreisbrandinspektor Christoph Beier von Seiten der Kreisbrandinspektion, sowie Sachgebietsleiter Gerhard Domaier mit seinen Kolleginnen Verena Geitner und Julia Birner vom Sachgebiet 4.1 Sicherheitsangelegenheiten und Gewerbewesen mit der Gesamtkonzeption befasst. Ausganssituation der Übung „Sturzbach 2023“ war ein angenommenes anhaltendes Extremwetterereignis, das im Landkreis Neustadt an der Waldnaab im Bereich Windischeschenbach/Neuhaus große Hochwassermassen verursachte. Dieses führte zu Stromausfällen, Ausfällen von Abwasserentsorgungsanlagen und unzähligen überfluteten Gebäuden und Plätzen. Die Katastrophenschutzeinheiten im Landkreis Schwandorf standen insgesamt 1500 Einsatzstellen gegenüber, die sie nicht mehr ohne Hilfe von außen bewältigen konnten. Das dortige Landratsamt stellte deshalb den Katastrophenfall fest. Daraufhin forderte es bei der Regierung der Oberpfalz ein Hilfeleistungskontingent mit Hochwasserpumpen und Mannschaften an. Im Rahmen der Übung wurde der Landkreis Schwandorf ausgewählt, um das Kontingent entsprechend in das Schadensgebiet zu entsenden, speziell um die örtlichen Einsatzkräfte zu entlasten. Der Hilfsleistungsauftrag der Regierung der Oberpfalz erfolgte danach am Mittwoch um 15.00 Uhr.
Das Landratsamt veranlasste nach Sondierung der Lage zum Auftrag zusammen mit dem Kreisbrandrat die Alarmierung der besonderen Führungsdienstgrade der Kreisbrandinspektion. Bei der ersten Lagebesprechung um 17.00 Uhr in der Kreiseinsatzzentrale am Landratsamt wurden danach alle entsprechend informiert und beauftragt, die geplanten Mannschaften und Ausrüstungen bei den Feuerwehren im jeweiligen Zuständigkeitsbereich durch Beteiligung der örtlichen Kommandanten und Einheitsführer zusammenzustellen. Als Abmarschzeitpunkt wurde hier bereits Samstag 9.00 Uhr befohlen. Die Zwischenzeit von nur 2 Tagen war dafür knapp bemessen - so wie dies auch im Echteinsatz der Fall wäre. Denn die Kommandanten mussten nun ihre aktiven Einsatzkräfte schnellstmöglich abfragen, ob eine Einsatzbeteiligung erfolgt. Auch muss hier der jeweilige Arbeitgeber mit ins Boot geholt werden, der den Feuerwehrdienstleistenden freistellen muss. Auch wenn dies im Bayer. Katastrophenschutzgesetz geregelt ist, so stellt dies doch in der Praxis die größte Herausforderung für eine ausreichende Personalausstattung eines Hilfeleistungskontingentes dar. Denn der Arbeitgeber muss damit rechnen, dass sein Mitarbeiter mehrere Tage ausfällt. Dennoch konnten die Kommandanten über ihre Kreisbrandmeister bis Donnerstag 19.00 Uhr eine ausreichende Anzahl von Einsatzkräften melden und die Verantwortlichen das Kontingent mit rund 130 Kräften ausstatten. Bis sich die Einheiten am Samstag um 8.30 Uhr am Parkplatz des Landratsamtes Schwandorf sammeln konnten, musste im Hintergrund noch viel erledigt werden und zwar von allen Beteiligten:
Landratsamt und Kreisbrandinspektion mussten die Marschrouten für An- und Rückmarsch planen, den Treibstoffverbrauch und –bedarf berechnen, notwendige Genehmigungen kurzfristig einholen, personelle Ablösung planen, den Personaltransfer des Ablösevorgangs ins bzw. aus dem Einsatzgebiet planen und organisieren, Marschbefehle erstellen, Kontakt mit dem Einsatzgebiet halten und die Lage ständig aktualisieren, das Wetter beobachten und vieles mehr. Die für den Einsatz vorgesehenen Feuerwehren mussten ihr Fahrzeuge prüfen und marschfertig machen und jeder einzelne Feuerwehrdienstleistende seine persönliche Ausrüstung und sonstigen Bedarf nach einer vorgegebenen Packliste zusammenstellen. Zusätzlich mussten sie auf einem Personalbogen alle notwendigen Daten wie Adresse, Impfstatus, familiäre Kontaktperson, etc. angeben und diesen an die Einsatzleitung bei der Katastrophenschutzbehörde gesammelt vorlegen. Der logistische Aspekt stand deshalb im Mittelpunkt der Vorbereitungsmaßnahmen, denn ein Hilfeleistungskontingent muss sich mehrere Tage autark versorgen können. Dazu zählt vor allem auch die Verpflegung der eingesetzten Einheiten mit Essen und Trinken. Damit wurde die Johanniter Unfallhilfe e. V. als Sanitätsdienst beauftragt.
Daneben waren randlich auch die zuständigen Sachgebiete der Regierung der Oberpfalz und der Kreisverwaltungsbehörde Neustadt an der Waldnaab in die Übung eingebunden.
Nachdem die umfangreichen Vorbereitungsmaßnahmen erfolgreich erledigt wurden, konnte sich das Kontingent befehlsmäßig am Samstag, 23.09.2023 um 8.30 Uhr mit insgesamt 28 Fahrzeugen und 128 Einsatzkräften am Landratsamt Schwandorf zum Abmarsch treffen. Die Verlegung des Kontingentes in den Landkreis Neustadt stellte nicht nur den Höhepunkt der Übung dar, sondern verlangte den Einsatzkräften besondere Konzentration und Disziplin im Verkehr ab, da die Verlegung als Fahrzeugverband in 3 Kolonnen erfolgte, woran die Straßenverkehrsordnung besondere Anforderungen stellt. Zunächst erfolgte noch die Einweisung aller Beteiligten durch den Kontingentführer Kreisbrandrat Christian Demleitner und Gerhard Domaier von der Katastrophenschutzbehörde. Beide hoben dabei die besondere Bedeutung und Wichtigkeit der Übung nochmals hervor. Sie versäumten es auch nicht, sich auch im Namen von Landrat Thomas Ebeling bei allen Mitwirkenden für Ihr besonderes Engagement und die Bereitschaft, den Samstag dafür zu opfern, ganz herzlich zu bedanken. Danach begannen die 3 Marschkolonnen ab 9.00 Uhr mit einem Zeitversatz von jeweils ca. 30 Minuten zueinander den Anmarsch ins Einsatzgebiet. Wie es die StVO vorgibt, waren die Fahrzeuge einheitlich mit blauen und grünen Flaggen an der linken Fahrzeugvorderseite als Verband gekennzeichnet und hatten zusätzlich Abblendlicht, Warnblinkanlage und blaues Rundumlicht aktiviert. Wo es die Verkehrssituation erforderte, wurde zusätzlich das Martinshorn benutzt. Das Voraus- und Verbindungskommando hat dabei die Aufgabe, den Fahrtweg zu prüfen, jeweilige Hindernisse wie Baustellen oder Gefahrenstellen oder auch kurzfristig notwendige Änderungen der vorgeplanten Marschroute per Funk an die nachfolgenden Hauptkolonnen durchzugeben.
Die Kolonnenfahrt führte zunächst über Ortsstraßen, die Staatsstraße 2397 und die Kreisstraße SAD 2 zur Anschlussstelle Schwandorf-Süd der BAB A 93 und danach über die BAB A93 zum Breitstellungsraum im Einsatzgebiet im Gewerbegebiet Windischeschenbach unmittelbar neben der Autobahnausfahrt auf dem Gelände des Bayer. Zentrums für besondere Einsatzlagen (BayZBE).
Nachdem das Vorauskommando dort angekommen war, wurde von den Johannitern eine Versorgungsstelle aufgebaut. Nach Eintreffen der beiden Hauptkolonnen wurden die Fahrzeuge abmarschfertig geparkt und die Mannschaften verpflegt. Es erfolgte nun als Übungskünstlichkeit ein Zeitsprung um mehrere Tage zum Einsatzende und dort zum anstehenden Rückmarsch. Während die Mannschaften verpflegt wurden, erfolgte die Einweisung der Marschgruppenführer durch den Kontingentführer.
Die Rückmarschstrecke verlief zunächst wieder über die Bundesautobahn BAB A93. Ab der Anschlussstelle Luhe-Wildenau wurden die Kolonnen von der Autobahn abgeführt, um die Kolonnenfahrt über die Landstraßen zu erproben.
Im Marktbereich Wernberg-Köblitz war dann noch ein technischer Halt mit Betankung der Fahrzeuge in die Übung eingebaut. Hier war noch einmal höchste Konzentration von den Verantwortlichen gefordert. Zunächst musste die Betankung aller 28 Fahrzeuge organisiert werden. Pkw-Klassen wurde dabei an den normalen Zapfsäulen, die Lkw an den Lkw-Zapfsäulen betankt. Jeder einzelne Tankvorgang musste überwacht und registriert werden, bevor er von den Mitarbeitern des Landratsamtes aus der mitgeführten Barkasse bezahlt wurde. Nach der Betankung setzten die Kolonnen ihren Rückmarsch fort.
Innerhalb der vorgesehenen Zeit erreichten alle Kontingente hintereinander wieder den Ausgangspunkt am Landratsamt Schwandorf.
Bei der Abschlussbesprechung zeigte Kreisbrandrat Christian Demleitner anschließend nochmals auf, dass die Übung als Gemeinschaftserfolg der rund 120 Einsatzkräfte zu sehen ist. „Wir sind gut aufgestellt für eine Anforderung“ unterstreicht dieser nochmals in den Abschlussworten und dankte allen Beteiligten. “Ohne euch gäbe es kein Ehrenamt und keine Feuerwehren und die beste Technik könnte nicht bedient werden” - so Demleitner. Der vorgegebene Zeitplan wurde eingehalten, neue Erkenntnisse gesammelt und es waren keine Ausfälle zu verzeichnen, so fast Gerhard Domaier die Übung zusammen. „Die Übung hat hervorragend funktioniert“, so Domaier.
Kontingentführung: KBR Christian Demleitner. Marschführung KBI Helmut Schatz. Führung Vorkommando: Kreisbrandinspektor Christian Weinfurtner, Führung Löschzug 1 Standard: KBM Steffan Sattich. Führung Löschzug 2 Standard KBM Reinhold Stangl. Führung Löschzug 1 (Hochwasser/ Pumpen) KBM Konrad Hoch, Führung Löschzug 2 Hochwasser / Pumpen: KBM Stefan Schmid. Führung Modul Hochwasser / Pumpen: KBM Heiner Seltl.
Voraus-/Verbindungskommando: Kreisbrandinspektion Schwandorf, Landratsamt Schwandorf, Johanniter Unfallhilfe e. V.
Marschkolonne I (Feuerwehren): Nabburg, Oberköblitz, Oberviechtach, Schwarzenfeld, Burglengenfeld, Winklarn, Pfreimd, Dürnsricht, Schwandorf, Bodenwöhr, Neunburg v.W.
Marschkolonne II (Feuerwehren): Schwarzhofen, Pirkensee, Pilsheim, Iffelsdorf, Weihern, Unterauerbach, Nittenau, Fronberg, Schwandorf, Wackersdorf
Hintergrund. Gemäß Art. 3 Nr. 4 BayKSG haben die Kreisverwaltungsbehörden und, soweit erforderlich, die übrigen Katastrophenschutzbehörden als Vorbereitungsmaßnahmen in ange-messenem Umfang Katastrophenschutzübungen unter Beteiligung der zur Katastrophenhilfe Verpflichteten durchzuführen.
Gemäß Art. 7 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 Nr. 2 BayKSG sind die Gemeinden und Landkreise zur Leistung von Katastrophenhilfe außerhalb des eigenen Hoheitsgebietes verpflichtet.
Hierzu wurde das Konzept zur länder- und staatenübergreifenden Katastrophenhilfe sowie überregionalen Katastrophenhilfe vom Bayerischen Staatsministerium des Innern definiert. Ein wesentlicher Bestandteil dieses Konzeptes ist die Vorabfestlegung entsprechender Hilfeleistungskontingente. Bei Großschadenslagen und Katastropheneinsätzen leisten die Einsatzkräfte der Rettungsorganisationen aus dem Landkreis Schwandorf (Feuerwehr, Bayer. Rotes Kreuz (Rettungsdienst, Bergwacht, Wasserwacht), Johanniter Unfallhilfe e. V., Malteser Hilfsdienst, Technisches Hilfswerk) je nach Anforderung personell und materiell überregional in Bayern und Deutschland Hilfe, wenn sie von der Regierung der Oberpfalz angefordert werden. Die aus Grund- und Spezialkomponenten bestehenden Hilfeleistungskontingente werden aus den regulären Einsatzkräften und -fahrzeugen dieser Organisationen, ergänzt um die Einsatzfahrzeuge und –mittel, die der Freistaat Bayern oder der Bund dafür zur Verfügung gestellt hat, rekrutiert.
Die Versorgung der Kontingente erfolgt lageangepasst über die mitgeführte Logistikgruppe, die grundsätzlich über die ersten 48 Stunden eine autarke Versorgung mit:
- Verpflegung
- Betriebsstoffen
- Instandhaltung
- Sanitätsdienst
sicherstellen muss.
Der Landkreis Schwandorf stellt ein sog. Standardkontingent sowie mehrere Fachkompetenzen zur Verfügung.
Neben dem bei der Übung eingesetzten Kontingent „Hochwasser/Pumpen“ sind die weiteren Kontingente „Hochwasser/Pumpen klein“, „Hochwasser/Sandsäcke“, „Ölschaden“, „Sturmschaden/Motorsägen“ und die THW-Sondereinheiten „Wasserförderung“, „Wasserbau“ und „Holzrückung“ für die überregionale Hilfeleistung vorbeplant.
Abkürzungsverzeichnis: KBR – Kreisbrandrat / KBI – Kreisbrandinspektor / KBM – Kreisbrandmeister
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