Donnerstag, 5. Dezember 2024

Industriekultur im Wandel: Steinbergs Weg vom Bergbauort zum Tourismusziel

Jakob Scharf beim Vortrag. Foto: Lorena Baier

Sehr gut besucht war das Pfarrheim, als Ortsheimatpfleger Jakob Scharf im Rahmen der KEB-Reihe „Industriekultur im Landkreis Schwandorf“ seinen Vortrag zum Thema „Von der Industriegemeinde zum Tourismusort“  hielt. Unter den Gästen befanden sich mit Altlandrat Hans Schuierer, Bürgermeister Harald Bemmerl, Seenland-Geschäftsführer Johannes Lohrer und dem Wackersdorfer Ortsheimatpfleger Toni Eiselbrecher auch einige Lokalprominenz.

Als im Sommer 1800 der Wackersdorfer Schneider Andreas Schuster beim Brunnenbau auf Kohle stieß, war dies der Beginn der gravierenden Veränderungen  in den landwirtschaftlich geprägten Gemeinden in Wackersdorf, Steinberg und Oder. Als über 100 Jahre später die Bayerische Braunkohlen-Industrie ihre Tore öffnete, begann die systematische Ausbeutung der Kohlevorkommen . In deren Folge wurde nicht nur Wackersdorf verlegt, auch in Steinberg wurden 32 Häuser abgebrochen und an anderer Stelle wieder aufgebaut, und auch Oder verschwand von seinem angestammten Platz. Steinberg hatte damals etwa 300 Einwohner, heute sind es fast siebenmal so viele. Großen Widerstand leistete damals die Kirche, vor allem in Person des Benefiziat Dietheuer. Allerdings führte der Braunkohlenabbau zu sehr großem Wohlstand und auch Prestige, da einige bedeutende Bergbaumaschinen im BBI-Revier entwickelt wurden. Beispielsweise wurden seit 1966 Schaufelradbagger eingesetzt. Auch die Förderbandtechnik wurde hier entwickelt.

1982 war dann Schluss mit der Kohle, die Gruben waren so gut wie leer und eine Nachnutzung musste her. Die BBI hatte sich bereits bei der Erringung der Abbaugenehmigungen zu umfassenden Renaturierungsmaßnahmen verpflichtet, außerdem sollte in Wackersdorf eine atomare Wiederaufbereitungsanlage (WAA) entstehen, wobei auch Steinberg als Standortgemeinde lange im Rennen war. Auf deren Geschichte wurde im Vortrag nicht näher eingegangen, jedoch entschied sich der Gemeinderat unter Bürgermeister Jakob Scharf nach dem Baustopp für den sanften Tourismus als Zukunft der Gemeinde. Einige Kohlegruben wurden zu Seen geflutet, allerdings dauerte es einige Jahre, bis das Wasser in einem nutzbaren Zustand war. Bis dahin wurde der Regionalplan Oberpfalz Nord geschaffen, und am 6. Juli 2004 wurde der Schenkungsvertrag für den Steinberger See unterzeichnet, mit dem der größte See der Oberpfalz in den Besitz der Gemeinde überging und zusätzlich 2,5 Millionen Euro für die Erschließung. Der Referent nannte dies einen „Jahrhundertvertrag für die Gemeinde“.

Das gerammelt volle Pfarrheim. Foto: Lorena Baier

Während für touristische Objekte die Grundstücke zunächst nur in Erbpacht vergeben wurden, wurden auch etliche Baugebiete ausgewiesen. Als 2014 Harald Bemmerl Nachfolger von Scharf wurde, konnte er die positive Entwicklung der Gemeinde durch gute Konzepte weiterführen. Deswegen gehört Steinberg noch immer zu den am Stärksten wachsenden Gemeinden Bayerns, auch hat sich das Gewerbesteueraufkommen in den letzten 15 Jahren verzwanzigfacht.

Als Fazit stellte Scharf fest, dass es ohne BBI und dem Kampf um die WAA keinen Tourismus in dieser Region gäbe, aber auch keinen BMW-Innovationspark mit mehr Arbeitsplätzen, als die Gemeinde Wackersdorf Einwohner hat. Durch die Umwandlung der Braunkohlegrube ist Schwandorf der wasserreichste Landkreis in Nordbayern. Mehr über den Bergbau kann man auf dem Museumsweg erfahren, der die beiden Museen in Wackersdorf und Steinberg verbindet. Mit einem kräftigen „Glück Auf“ beendete Scharf seinen Vortrag und leitete zu einer kurzen, aber gehaltvollen Diskussion über. In der ergänzte Bürgermeister Harald Bemmerl, dass die Chalets am Westufer laut ihrem Inhaber zu den bestbewerteten Unterkünften Europas gehören und der lang ersehnte Campingplatz im Februar 2025 in Angriff genommen werden  soll. Dabei solle wirklich alles im Tourismusort Steinberg auf Fünf-Sterne-Niveau sein.

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