Die Firma Lober GmbH, einer der größten Abfallentsorger in der Region, ist Vorreiter in Sachen „Plastik-Recycling“. Bereits in der dritten Generation sorgt die Firmengruppe Lober für erfolgreiche Abfallsortierung, Entsorgung und Wiederverwertung. Sie war das Ziel der letzten Veranstaltung der Akademie Ostbayern-Böhmen war, deren Jahresthema „Ressourcen nachhaltig nutzen – innovative Wege in Ostbayern und Böhmen“ perfekt passte.
Kunststoffe begleiten heute den Menschen seit seiner Erfindung tagtäglich. Sie sind aus unserem Leben auch nicht mehr wegzudenken. 2023 werden weltweit über 450 Millionen Tonnen produziert. Tendenz stark ansteigend. Ausgedientes Plastik belastet den Menschen aber mittlerweile derart, dass Lösungen hermüssen um die immense Plastikflut einzudämmen. Riesige schwimmende Plastikteppiche auf unseren Meeren, gigantische Abfallberge auf allen Kontinenten, ja sogar im ewigen Eis findet sich Mikroplastik. Da die Problematik und ihre Auswirkungen nahezu jeden Menschen tangiert, war das Interesse groß einmal hinter die Kulissen der Firma Lober zu schauen. Akademie-Vorsitzender Josef Schönhammer konnte zu dem Firmenbesuch außergewöhnlich viele Interessenten begrüßen. Firmenchef Johannes Lober, der Technische Leiter Bernhard Lober und Dr. Matthias Wilhelm, Leiter der Sparte Kunststoffrecycling, gaben Einblicke in die Versuchsanlage, die vom Fraunhofer Institut mitentwickelt wurde.
Mit dem Forschungsprojekt „Circular Packaging“ hat Lober ein lösungsmittelbasiertes Recyclingverfahren für bisher nicht recycelbare Verbundkunststoffe entwickelt. Dr. Matthias Wilhelm, der verantwortliche Neunburger Ingenieur erläuterte die Prototypanlage die in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut entstand und erklärte deren Wirkungsweise folgendermaßen: Ähnlich wie Zucker sich in Wasser auflöst, können Kunststoffe nachdem sie sortiert und gehäckselt aus dem grauen (gelben) Sack durch geeignete Lösemittel gezielt aus den Mehrschicht-Verpackungsfolien herausgelöst werden. Derartige Folien für Lebensmittel sind High-Tech Produkte mit bis zu 20 unterschiedlichen Schichten, die sich bislang nicht recyceln ließen, weil die Schichten aus unterschiedlichen Kunststoffen bestehen, die nicht mehr voneinander getrennt und zu Rezyklat (wiederverwerte Kunststoffe) verarbeitet werden können. Danach entsteht eine flüssige Kunststofflösung, die sich nun relativ einfach von unerwünschten Rückständen wie Lebensmittelresten, Verschmutzungen oder Etiketten reinigen lässt. In einem geschlossenen Kreislauf wird anschließend das Lösemittel vom Kunststoff abgetrennt und im Kreislauf wieder zurückgeführt. „Übrig bleibt ein hochreines, recyceltes Kunststoffgranulat, das nahezu Eigenschaften eines Neu-Kunststoffes aufweist und für die Herstellung neuer Verpackungsfolien zur Anwendung kommt“, betonte der Recyclingfachmann.
Tatsache ist nämlich, dass in Europa von 29,5 Mio. Tonnen gesammelten Kunststoffverpackungsabfall im Jahr 2022 nur 10,2 Mio. Tonnen tatsächlich dem Recycling zugeführt werden und nach Abzug von Prozess-Verlusten nur 5,5 Mio. Tonnen nach Aufbereitung wieder im Supermarkt landet. Im Landkreis Schwandorf werden jährlich rund 3000 Tonnen aus dem Recyclingsack umgeschlagen. Davon werden rund 40 Prozent zur Energiegewinnung verbrannt beziehungsweise deponiert und dadurch einem Kunststoffkreislauf entzogen. Die Erreichung des EU-Recyclingziel von 55 Prozent im Jahr 2030 erfordert daher neue, kreative Ansätze und Verfahren, da mit konventionellen Technologien kein Quantensprung mehr erzielbar ist.
Der Kunststoffspezialist Matthias Wilhelm erklärt das sogenannte „CreaSolv-Verfahren“ so: 80 Prozent des heute nicht rezyklierbaren Verpackungsabfall können durch den CreaSolv-Prozess in hochreiner Form wiedergewonnen werden. Der rezyklierte Kunststoff weist einen Reinheitsgrad von über 99 Prozent auf und kann damit in Neuverpackungen mit einem Anteil mehr als 50 Prozent eingesetzt werden. „Wir unterstützen Unternehmen aus verschiedenen Branchen und sehen unsere Aufgabe darin, wertvolle Stoffe nicht zu vernichten, sondern nutzenbringend dem Wirtschaftskreislauf wieder zuzuführen“, erklärt der Firmenchef, der das im Jahr 1950 gegründete Unternehmen zu einem der größten Entsorgungsunternehmen in der Region und darüber hinaus entwickelt hat.
Ermutigt durch die vielversprechenden Ergebnisse und durch die sehr professionelle, inspirierende Zusammenarbeit der Projektpartner, plant Projektleader Lober mit den Forschungs- und Anlagenbaupartnern ein Investment in eine vollindustrielle Prototypenanlage an der ein nachhaltig wirtschaftlicher Betrieb realisiert wird. Nach Schätzungen der Entwickler sind die Möglichkeiten des Verfahrens dabei lange noch nicht ausgeschöpft. So sehen die Projektpartner gute Chancen das CreaSolv-Löseverfahren auch für weitere Abfallsorten einzusetzen, deren werkstoffliches Recycling nach heutigem Stand nicht möglich ist, insbesondere Gewerbeabfall, Mehrschicht – Getränkekartonverpackungen, Papier-Kunststoffgemische oder Kleidungsabfälle aus synthetischen Geweben.
Bei einer anschließenden regen Diskussionsrunde wurden vor allem Preisprobleme als auch deren Lösungen diskutiert. „Eine Plastiksteuer auf Neuware, zwar in der EU eingeführt, wird aber in Deutschland nicht umgesetzt“, bedauerte Unternehmensleiter Lober. Solange jedoch Neu-Kunststoff zu einem Preis von 90 Cent pro Kilogramm billiger ist als recycelter Kunststoff, entscheidet letztendlich der Gesetzgeber und jeder einzelne Konsument ob Berge von Kunststoffabfällen noch höher in den Himmel wachsen. „Recycling beginnt eben nicht erst beim Entsorger“, konstatierte der Recyclingfachmann Matthias Wilhelm. Er forderte zudem einen Paradigmenwechsel, die Entwicklung neuer Technologien beziehungsweise weltweit einsetzbare flexible Lösungen.
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