Dumpf dröhnt beim Start nach dem „Anglühen“ das Blubbern aus dem schlotartig nach oben ragenden Auspuff eines aufpolierten, nur so blitzenden, uralten aber noch rüstigen und kraftvollen Lanz-Bulldogs, dem Wahrzeichen der Windmaiser „Bulldogfreunde“. Erst langsam, dann immer schneller kommt er in Schwung. In regelmäßigen Abständen verlassen kleine dunkle Dampfwölkchen seinen Schlot und zeugen davon, dass er unter gleichmäßigem Tuckern tatsächlich läuft. Eine rustikale Mischung, vergleichbar einem Mammut der Urzeit gemixt mit einem römischen Streitwagen der Antike, gebietet der Veteran alleine schon durch sein Erscheinungsbild Respekt und nötigt auch dem Laien höchste Anerkennung ab. Man muss wohl Diesel im Blut haben, das Blubbern eines Ein-Zylinder-Motors als Musik empfinden, technikbegeistert und unempfindlich gegen stinkenden Qualm, Öl und Schmutz sein, dann hat man die besten Voraussetzungen, Besitzer eines solchen Reliktes und Mitglied beim Windmaiser „Bulldog-Club“ zu werden.
Die Idee, einen Verein für „Oldtimertraktoren“ zu gründen, hatte der langjährige Vorsitzende Johann Deinfelder aus Windmais, auf den die vorgenannten Attribute im vollen Umfang zutreffen. Im August 1990 entdeckte er zusammen mit seinem „Spezl“ Max Zimmermann in der Nähe des Bahnhofes in Blechhammer zufällig einen alten „Kramer“ aus dem Jahr 1950 und einen „Hanomag“ aus dem Jahr 1956. Damals dachte er, dass man mit der Restaurierung der „Oldies“ bestimmt ein Geschäft machen könnte, so Deinfelder im Gespräch mit dem Oberpfalz-Boten. Für rund 400 DM pro Stück erwarb er die beiden Stahlrösser und richtete sie zuhause in mühevoller Kleinarbeit wieder her. Nachdem sie restauriert waren, gefielen sie ihm so sehr, dass er es nicht mehr übers Herz brachte, sie zu verkaufen. Da sich in seinem Freundes- und Bekanntenkreis mehrere Kumpels befanden, die ebenfalls Besitzer älterer Traktoren waren und er weitere Freunde für dieses Hobby begeistern konnte, kam man im Herbst 1990 auf die Idee, einen Verein für alte Bulldogs zu gründen. Am 05.04.91 wurde der Verein im Gasthaus Kolbeck offiziell gegründet. Johann Deinfelder wurde zum 1. Vorsitzenden gewählt. Die Teilnahme an zahlreichen Bulldogtreffen schloss sich an. Das größte Problem, so Deinfelder, bereitet immer der Transport der Oldies. Entweder sie wurden auf Lastwägen, Tiefladern und Anhängern verfrachtet oder sie reisten selbst „auf Achse“ an. Der erste Höhepunkt des damals noch jungen Vereins war am 10.09.91 die „1. Windmaiser Bulldogkirwa“, an der über 30 Oldtimer teilnahmen. Prunkstück war ein original restaurierter Lanz, Baujahr 1940 mit 25 PS und Schwungscheibe. "Was für eine unglaubliche Anziehungskraft alte Traktoren auf die Bevölkerung haben", so Deinfelder, "hätten wir bei unserem 1. Bulldogtreffen am 27. und 28.06.92 nicht gedacht – das war wie ein „Erdbeben“. Nach vorsichtigen Schätzungen waren es damals rund 15.000 Schaulustige, die sich in Windmais von den rund 160 Traktoren, angefangen vom ersten 1921 gebauten „Zwölfer Lanz“ bis in die späten „Fünfziger“ und den alten stationären Motoren, Dampfmaschinen sowie chromblitzenden Motorrädern begeistern ließen. Ein Traktor-Wettziehen, das Dreschen mit einer Dampfmaschine, Brotbacken im Steinofen und ein Steinhebewettbewerb sorgten für zusätzliche Unterhaltung. Nix ging mehr, sämtliche Straßen in Windmais waren verstopft, die Besucher mussten zum Teil mehrere Kilometer zu Fuß gehen, weil die Parkplätze nicht ausreichten, erinnerte sich Deinfelder.
Ein Meilenstein in der Vereinsgeschichte war der Bau der eigenen Bulldoghalle, welche jetzt als Museum genutzt wird. Im Juni 1998 erfolgte der Ankauf einer ehemaligen Reiterhalle für 10.000 DM in der Nähe von Regensburg, die abgebaut und beim Vereinslokal Kolbeck wieder aufgestellt wurde. Bereits im Oktober 98 begannen die ersten Bauarbeiten. Nach dreijähriger Bauzeit konnte die rund 50 x 21 m große Halle im Mai 2001 fertig gestellt werden. Der Bau der Halle ging sowohl finanziell, über 136.500 DM wurden nur für Material investiert, als auch hinsichtlich der über 10.000 Arbeits- und Maschinenstunden, die von den Mitgliedern geleistet wurden, an unsere Leistungsgrenzen, erinnerte sich Deinfelder. Rechnet man noch die Sachspenden dazu, dürfte der Bau wohl auf rund 450.000 DM gekommen sein. Doch er war überzeugt, dass sie es schaffen würden. Vom 08. - 10. Juni 2001 dann die Belohnung, die Halle wurde im Rahmen des 10-jährigen Gründungsjubiläums gebührend eingeweiht. Die „Bulldoghalle“, wie sie die Dorfbewohnern liebevoll nennen, wird nunmehr als Oldtimer-Museum genutzt. Über 300 Ausstellungsstücke sind untergebracht.
Der rührige Verein erwarb im Jahr 2007 einen voll funktionsfähigen U-Boot-Motor der Marke MAN, den man aus einem Salzbergwerk bei Berchtesgaden, wo er jahrzehntelang als Notstromgenerator diente und nun verschrottet werden sollte, ausgebaut hatte. Andere Oldtimervereine, die auch befragt wurden, trauten sich an dieses Projekt nicht ran, so Deinfelder. Das Problem war, dass sich der knapp 9 Tonnen schwere Motor untertage in einem tiefen Keller befand und nicht so ohne weiteres ans Tageslicht befördert werden konnte. Deinfelder und sein Team waren dagegen sofort bereit und innerhalb von zwei Tagen war der Motor von 7 Mann in sämtliche Einzelteile zerlegt, mit einem Portalkran aus dem Keller herausgehoben, auf einen Lastwagen verfrachtet und nach Windmais transportiert worden. In sechs Monaten wurde der Motor komplett restauriert und auf den beiden Achsen eines gebrauchten Lastwagenanhängers zusammengebaut, um ihn bei Umzügen mitnehmen zu können. Das größte Problem, um den Motor zum Laufen zu bringen, bestand darin, dass der Motor mit 30 bar Pressluft gestartet werden musste. Doch wo bekommt man einen Kompressor her, der einen so hohen Druck entwickelt? Mal wieder half „Väterchen Zufall“, ein alter Bekannter von Deinfelder konnte ein entsprechendes Aggregat besorgen. Vor einer großen Kulisse neugieriger Dorfbewohner sprang der Motor dann zur Überraschung aller beim ersten Versuch an, lief zuverlässig und könnte jetzt bis zu 500 Haushalte mit Strom versorgen.
Im letzten Jahr kam es dann zu einem weiteren, ganz besonderen Highlight im Vereinsleben, das die Windmaiser „Bulldogfreunde“ mit einem Schlag im ganzen deutschsprachigen europäischen Raum bekannt machte. Im Auftrag des Magazins OLDTIMER TRAKTOR, einer Fachzeitschrift für historische Landmaschinen, waren Fotograf Bernd Hanselmann und Reporter Till Schauen extra aus Stuttgart angereist, um eine Story über die Bulldogfreunde und den Ort Windmais zu erstellen. Über 50 Mitglieder fanden sich zu diesem Fotoshooting mit ihren Odies ein. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Auf insgesamt sechs Seiten mit 18 Fotos erhält man in der November 2022 Ausgabe des Magazins einen ausführlichen Einblick in das Vereinsleben und den Zusammenhalt im Ort. Hanselmann und Schauen waren so begeistert von dem Meeting, dass zwischenzeitlich Nachfolgetermine vereinbart wurden.
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