Die öffentlichen Proteste der heimischen Landwirte nahmen am Montag ihren Beginn. Am Abend war eine Kundgebung auf dem Unteren Marktplatz in Schwandorf mit 500 erwarteten Teilnehmern angemeldet. Laut ersten Einschätzungen der Polizei waren es aber über 2.500 Vertreter aus Landwirtschaft und vielen anderen Branchen, die sich versammelten, um ihrem Unmut über die von der Ampel-Koalition angekündigten (und mittlerweile in Teilen zurückgezogenen) Forderungen nach Streichung der Befreiung von Kfz-Steuern für landwirtschaftliche Fahrzeuge sowie nach Rückerstattung der Agrardieselvergütung Luft zu verschaffen.
Organisator und Initiator Stefan Kiener aus Münchshöf war beeindruckt von der überwältigenden Anzahl an Demonstranten und bat gleich zu Beginn, dass bei allem Protest und Zorn die Regeln der rechtlichen Ordnung eingehalten werden sollten, was alle Anwesenden in bester demokratischer Manier auch einhielten. Dann ging es um die Sache und auch deutlich zur Sache. Immer wieder machte die Formulierung vom „berühmten letzten Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringe“ die Runde. Kiener sagte zu Beginn, dass mit dergleichen Aktionen der Ampel-Koalition in Berlin nicht nur alles in Gefahr gebracht würde, was sich Landwirte über viele Jahrzehnte aufgebaut haben, sondern dass auch die tägliche Leistung über 24/7 für die Produktion nachhaltiger und hochwertiger Lebensmittel mit Füßen getreten werde. „Das hier heute Abend ist unser Zeichen nach Berlin: jetzt reicht’s!“, so Kiener in seiner Ansprache. Großer Applaus war das Tribut der Anwesenden.
Ebenfalls mit viel Beifall wurde der stellvertretende bayerische Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) von der Menschenmenge begrüßt. Er verwies in puncto Nachhaltigkeit darauf, dass es in der Bauernschaft noch nie Verschwendung gegeben habe. Wenn Berliner Politiker nun tönten, dass sich die Bauern verrannt haben und umkehren müssten, so spielte er den Ball zurück und forderte Rot-Grün-Gelb auf, umzukehren und einzusehen, dass diese sich verrannt hätten und an der Bevölkerung vorbei ihre Beschlüsse fassten. „Hier sind nicht nur Landwirte anwesend, sondern Bäcker, Metzger, Wirte, Krankenpfleger, Ärzte, Kfz-Mitarbeiter, Spediteure, also alle, die arbeiten und Steuern zahlen“, so Aiwanger am Rande der Kundgebung. Dies zeige, dass die Bevölkerung hinter den von den Bauern initiierten Protestkundgebungen stünde und volle Unterstützung vonseiten der Politik erhalten müsse.
Aus der Bundespolitik trat Martina Englhardt-Kopf (CSU) ans Mikrofon. Sie nannte die den Protesten vorangegangenen Forderungen der Bundesregierung „schieren Wahnsinn“. Es folge seit Wochen und Monaten „ein Hammer nach dem anderen“. Dazu zählte die Bundestagsabgeordnete, die selbst eine heimische Landwirtschaft mit ihrer Familie führt, unter anderem das Heizungsgesetz, die Forderungen nach Kürzungen bei den Bauern oder die Erhöhung der LKW-Maut um die CO2-Bepreisung. Entgegen dem ersten Zurückrudern der Ampel-Koalition und der Beteuerung, man habe verstanden, demokratisch reagiert und korrigiert, sagte Englhardt-Kopf: „Die Bundesregierung hat nichts verstanden. Das zeigen auch die entsprechenden Statements der Führungsriege zu den stattfindenden friedlichen Demonstrationen. Noch nie herrschte ein so geringes Vertrauen in eine Bundesregierung wie derzeit.“
Des Weiteren kamen auch Vertreter der Jungbauernschaft zu Wort. Peter Graf und Matthias Dirmeier führten aus, dass jeder von den jungen Landwirten seine Lehre, seinen Techniker oder sein Studium abgeschlossen habe. Überall dort würde gelehrt, wie man einen Haushalt aufbaut und wie man mit seinen Finanzen so umgeht, dass auch die nächste Generation den Betrieb weiterführen kann. „Es ist nicht im Geringsten nachzuvollziehen, dass die Bundesregierung dies bei Rekordsteuereinnahmen nicht hinbringt“, so Dirmeier. Wenn die Verantwortlichen einen Monat lang einen Hof führen müssten, wäre er danach pleite, fügte er hinzu. Peter Graf sprach von großer Euphorie, mit der er sich aktiv für den Beruf des Landwirts entschieden hatte. „Wenn ich meinen kleinen Sohn anschaue, dann weiß ich nicht, ob ich es schaffe, dieses Feuer an ihn und seine Generation weiterzugeben“, so das nachdenkliche Fazit zu den Aktionen seitens der Bundesregierung.
Weitere Redner waren unter anderem Kreisbäuerin Sabine Schindler und Bürgermeister Andreas Wopperer. Auch sie sicherten den Bauern im Lande ihre uneingeschränkte Solidarität und Unterstützung zu. Beide dankten den Demonstranten für ihre friedliche, aber deutliche Haltung und wünschten sich anhaltenden Rückhalt vonseiten der Bevölkerung für deren Anliegen.
Kommentare
Einen Kommentar schreiben